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Sydney

War der erste Tag unserer Motorradtour wegen des Regens die bislang härteste Etappe, so sollte der folgende Tag wenigstens der zweithärteste werden. Bis zum Hotel in der Innenstadt von Sydney brauchen wir 11 Stunden. Kalle mit Sozia – diesmal Lisa – platzt der Hinterreifen und er hat Glück, vor dem von hinten drängenden Road-Train eine Parkbucht ansteuern zu können. Die Gruppe kriegt davon nichts mit; Kalle braucht Stunden und die Mithilfe der Motorradverleiher, um an einem Freitagnachmittag eine freundliche Werkstatt zum Reifenwechsel zu finden.

Auch Colin geht uns verloren. Der Verkehr wird dichter, bereits 80 km vor Sydney beginnen die ersten Suburbs, Vororte von Sydney, stetig Ampeln, Abzweigungen und Kreisel. Erst finden sich alle wieder, dann fehlt wieder eine Gruppe, der Tank war leer, Hilfe aus der Gruppe. Gegen 20.30 Uhr finden wir uns alle im Hotel wieder und obschon dieser Erfahrungen dauert der Abend länger als sonst.

Königswetter am nächsten Morgen, Paul Riley von den motorradfahrenden Paramedics (Rettungsassistenten) holt 12 von uns am Hotel ab, zeigt uns seine Leitstelle und die Einsatzfahrzeuge, sie erzählen uns über den großen Nutzen der Motorräder in der Ersten Hilfe. Im anschließenden Highlight führen sein Kollege und er uns per Motorrad auf eine Sightseeing-Tour durch Sydney und wir fahren Aussichtspunkte an, die wir als Normaltouristen sicherlich nicht gefunden hätten. Noch am gleichen Tag gehen wir auf Entdeckungsbummel zum Darling Harbour, am Folgetag zum Circle-Quaie, dem Viertel The Rocks mit seinen alten Häusern und den Künstlerwerkstätten.

Sydney präsentiert sich als eine überwältigende Stadt, die so vieles zum Besichtigen vorhält, dass man Wochen brauchen würde, um halbwegs alles gesehen zu haben. Ein würdiger Abschluss unserer Australienreise, der schließlich seinen eindeutigen Ausdruck darin findet, dass wir am Sonntag unsere Motorräder zur Bikescape - Motorradvermietung bringen. Wie immer empfängt uns Jim Crabb sehr freundlich, regelt die Rücknahme der Fahrzeuge, besieht sich die wenigen Schäden. Er hatte einen guten Job gemacht, war immer für Hilfe und Tipps da, wenn wir ihn von unterwegs angerufen hatten oder der Reifen zu wechseln war; gleiches gilt für Rene van Zuijlen aus Coburg bei Melbourne, der uns die fünf BMW vermietet hatte genauso wie Tony Sesto von Honda MPE / Australia, die uns vier Motorräder frei zur Verfügung gestellt hatten.

Der Abschied ist unvermeidlich; voller Eindrücke, gleichzeitig bedrückt und traurig, dies alles hinter uns lassen zu müssen und vor allen Dingen uns von Pam und Colin verabschieden zu müssen, gibt es auch einen Trost: schon jetzt steht fest, dass die beiden uns im nächsten Jahr besuchen werden, genauso, wie wir uns in zwei oder drei Jahren erneut auf den langen Weg um die halbe Welt machen wollen, um dieses fantastische Land und deren Leute kennen zu lernen.

Abreise aus der Herbststimmung, Ankunft am Morgen eines 5 Grad kalten und regnerischen Frühjahrsmorgen in Frankfurt; irgendwie ist das alles hier bekannt und trotzdem fühle ich mich leicht deplaziert, nicht richtig da. Dieses Befinden sollte noch lange bestehen, es ist nicht nur das Erleben eines Urlaubs und damit eines völlig anderen Alltages, nein es sind Landschaften und Menschen, Offenheit und Großzügigkeit, Interesse und Lebendigkeit, die uns von der Australientour noch so in Erinnerung sind, wobei uns wieder zu Hause angekommen die Kälte und Anonymität unserer Heimat zunächst vor den Kopf schlägt.

Was tue ich hier eigentlich? Mittlerweile zu Hause angekommen und wieder im Alltag involviert, beginne ich schon wieder mir erste leise Gedanken über eine neue Australientour in zwei oder drei Jahren zu machen. Eine neue Gelassenheit habe ich entdeckt, beim Einkleben der Fotos freue ich mich und bin dankbar für alle diese Erfahrungen.

Dr. Hermann Munzel

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