Komodo - Drachen und Meer
Keine Wolke ist am strahlend blauen Himmel zu sehen, als wir nach dem Frühstück zum Hafen gehen. Ein Fischerboot soll uns in den Komodo Nationalpark bringen zur Insel der Warane. Am Kai sitzen einige Männer, schauen kurz auf und widmen sich dann wieder ihren Leinen. Fremde sind hier ein gewohntes Bild, seit der Nationalpark zum Weltnaturerbe ernannt wurde. Die Gewässer sind ein Paradies für Taucher, die Inseln Komodo und Rinca die Heimat der Warane, Riesenechsen aus einer vergangenen Zeit.
Joker verhandelt mit einigen Fischern, nach wenigen Minuten winkt er mir zu. Rund 70 € kostet die Tagestour mit dem betagten Boot. Der Käptn verschwindet im Steuerstand, kurz darauf tuckert der Schiffsdiesel los, ein Geräusch, das uns die nächsten Stunden begleiten wird. Kurz darauf entert ein zweiter Fischer mit mehreren Plastiktüten das Boot; er hat noch Proviant gekauft, Wasser, Früchte, Gemüse und Hühnchen. Die Leinen werden losgeworfen, langsam gleiten wir aus dem Hafen.
Auf dem Deck werden ein paar Matratzen ausgebreitet. Wir strecken uns aus und bestaunen die Inselwelt. Fischerdörfer ziehen vorbei, Häuser auf Stelzen, direkt am Strand gebaut. Früher lebten in diesen Gewässern viele Seenomaden auf ihren Booten; voller Furcht vor den Landgeistern kamen sie nur gelegentlich in die Häfen, um die gefangenen und getrockneten Tintenfische gegen Reis, Zucker oder Tabak zu tauschen. Die meisten dieser Familien sind - auch auf Druck der Regierung - sesshaft geworden, leben nun in diesen Stelzenhäusern; ein Kompromiß - zwar mit dem Land verbunden, aber Bett und Kochstelle über dem Meer ...
Nach knapp 2,5 Stunden erreichen wir in einer kleinen Bucht den Anleger von Rinca. Kurz vor 11 und schon brütend heiß, die richtige Zeit, um Warane aufzuspüren und mit Kamera oder Fernglas zu jagen! Angeblich machen die jetzt Siesta, ihre Jagdzeit ist früh am Morgen und vor Sonnenuntergang, sie sollten also satt und träge sein. Mutig machen wir uns auf den Weg ... doch schon nach wenigen Schritten gefriert mir das Blut in den Adern. Ein schuppiges Monster liegt im Schatten eines Holztores und scheint mich aus den zu Sehschlitzen verengten Augen anzustarren. Nach einigen Minuten des Zögerns, der gegenseitigen Beobachtung und den aufmunternden Zurufen unserer Fischer entscheiden wir uns, am Waran vorbeizugehen - 5-6m sollten ausreichen, um bei der satten Echse keinen Appetit oder Jagdinstinkte zu wecken. Aber erst nach einigen hundert Metern fühlen wir uns wieder sicher, die Rangerstation kommt in Sicht.
Und mit ihr weitere Warane, die träge im Schatten der Häuser liegen. Mittlerweile mutiger geworden, schießen wir Fotos, rücken den Echsen dichter auf die Schuppen. Ein Ranger warnt uns, stellt sich mit einer etwa 2m langen Astgabel neben uns, um damit notfalls den Kopf des Warans abzuwehren. Er wird uns auf der Trekking-Tour begleiten - eine Vorsichtsmaßnahme, um Gefahren für die Besucher soweit möglich zu vermeiden. Denn schon ein einziger Biss eines Warans reicht aus, um einen Wasserbüffel, einen Hirsch oder einen Menschen zu töten, nach einigen qualvollen Tagen, in denen die im Speichel enthaltenen eiweißzersetzenden Bakterien ihre Wirkung entfalten.
Zu dritt ziehen wir los, werden vom Ranger auf Gelege der Warane hingewiesen ... und auf die versteckt in einem Sandloch lauernde Waranmutter, die mit Argusaugen ihre Eier bewacht. Also keine gute Idee, dem Gelege zu nahe zu kommen. Wasserbüffel kommen in Sicht, eine der Lieblingsspeisen der Warane. Die mächtigen Hörner sind eine gefährliche Waffe, die auch den mörderischen Echsen Respekt einflößen. Also beschränken Warane sich darauf, die Büffel von hinten zu attackieren und zu beißen ... die Bakterien schwächen den Organismus bereits nach wenigen Tagen so sehr, dass der Büffel sich nicht mehr wehren kann und somit zur leichten Beute der Warane wird. Etliche abgenagte Schädelknochen sprechen für den Erfolg dieser Jagdmethode ...
Mehrmals muss uns der Ranger warnen, weil wir einen Waran nicht frühzeitig gesichtet haben und geradewegs in seine Richtung laufen. Zwar sind die Warane nach der Jagdzeit am frühen (kühlen) Morgen satt und liegen träge bei Temparaturen über 40°C im Schatten unter Büschen und Bäumen, aber herausfordern sollten wir es nicht. Zumal uns der Ranger beiläufig etwas von der enormen Geschwindigkeit der Warane auf kurzen Distanzen erzählt ...
Nach rund 3 Stunden Trekking auf Rinca kehren wir zurück auf unser Boot. Unser Mittagessen wartet, zubereitet von der Besatzung ... gebratener Reis mit Hühnerkeulen, frisches Obst ... einfach (aber) gut ... Während der Kapitän wieder Kurs auf Labuhan Bajo nimmt, liegen wir auf dem Matratzenlager und lassen es uns schmecken.
1 Stunde später stoppt der Schiffsdiesel und wir machen an einer Ankerboje fest. Schnorcheln ist angesagt, mitten im Komodo Nationalpark, einem der artenreichsten Gewässer weltweit. Nach der Hitze beim Trekking eine angenehme Abkühlung und dazu ein einzigartiges Erlebnis. Die Korallenbänke sind unglaublich farbenprächtig - wir begreifen, warum Komodo zum Weltnaturerbe ernannt wurde. Kurz vor Sonnenuntergang erreichen wir den Hafen von Labuan Bajo, wieder einmal erschöpft und reif für einen Ruhetag. Aber der muss ausfallen - morgen geht's weiter ins Inselinnere von Flores, zu den Manggarei nach Ruteng
(Fortsetzung folgt ... )